„Das heimliche Leben der Waschbären“ lautet das Motto der neuen Sonderausstellung im Naturkunde-Museum Coburg. Bis zum 21. Januar 2017 ist die Ausstellung rund um den kleinen Räuber täglich von 9 bis 17 Uhr zu sehen.

 Seine ursprüngliche Heimat ist Nordamerika. Inzwischen hat der Waschbär jedoch auch weite Teile Europas besiedelt. Ende der 1920er-Jahre wurde er als Pelztier nach Deutschland geholt und 1934 am hessischen Edersee ausgesetzt. Sein dichtes, langhaariges Fell galt als begehrte Jagdbeute. Auch aus Pelztierzuchtfarmen und Zoos konnten die katzengroßen Tiere immer wieder entwischen. In den Wäldern fanden sie Nahrung und Wurfhöhlen und konnten sich in ihrem neuen Lebensraum fest etablieren. Seriöse Zahlen darüber, wie viele Tiere heutzutage in Deutschland leben, gibt es nicht. Schätzungen gehen von deutlich mehr als einer halben Million aus.

Hohe Fortpflanzungsraten

Als Kulturfolger hat sich der Waschbär zahlreiche Nahrungsquellen in Siedlungsnähe erschlossen. Mülltonnen und -deponien verachtet er nicht, ebenso wenig die Möglichkeit, Dachböden oder Scheunen als Schlafquartier zu nutzen. Die Stadt Kassel gilt als heimliche Hauptstadt der Waschbären. Dort leben mancherorts 100 Tiere auf 100 Hektar – mehr als irgendwo sonst in Deutschland. Bei ihren nächtlichen Streifzügen trifft man sie auf Äckern, in Obstgärten und Hühnerställen, wo sie mitunter erheblichen Schaden anrichten. Seit 1954 wird der Waschbär ganzjährig bejagt – bislang allerdings ohne große Auswirkungen auf die Populationsentwicklung. Waschbären können nämlich hohe Verlustraten durch vermehrte Fortpflanzung ausgleichen. Die meisten Wissenschaftler gehen heute davon aus, dass Waschbären keine nachteiligen Auswirkungen auf andere Pflanzen- und Tierarten haben.

Räuber oder nicht?

Die Ausstellung widmet sich den Themen Herkunft, Einbürgerung und Sozialverhalten, der Waschbär-Forschung, aber auch den Problemen mit Waschbären in der Stadt. Staunen hervorrufen werden aber vor allem die zahlreichen Fotos von Ingo Bartussek aus Uslar, von denen Museumsleiter Dr. Carsten Ritzau schwärmt, sie seien „die tollsten, die wir bisher hatten“.

Ausstellungsmacher Bartussek möchte nicht zuletzt mit dem Vorurteil aufräumen, der Waschbär als „Räuber“ richte gewaltigen Schaden in der heimischen Tierwelt an. Dokumentiert werden Ergebnisse eines Forschungsprojekts von Mitarbeitern der Universität Göttingen im Solling. Naturfotograf Ingo Bartussek hat das Projekt nicht nur mit der Kamera begleitet; er zog auch 20 Waschbärenwaisen auf, sodass ihm sensationelle Fotos gelangen.

Abgerundet wird die Ausstellung unter anderem durch einen Film, eine „Davy-Crockett“-Waschbärenkluft, eine Inszenierung mit Waschbärpräparaten in nächtlicher Umgebung sowie einen „Tastparcours“, in dem kleine und große Besucher ihren Tastsinn überprüfen können.