Am 30. Juni lädt der Verein MakingCultureCoburg zu einem Tucholsky-Abend ein. Ab 19 Uhr wird es im Alten Postgebäude am Lohgraben 4 (gegenüber Seiteneingang Kaufhof) Texte, Gedichte und Chansons zu Ehren des damaligen Kritikers geben.

Kurt Tucholsky wäre einer, der uns auch heute den Spiegel  vorhalten könnte, so wie er es vor knapp hundert Jahren in der Weimarer Republik getan hat. Er würde sich wohl die Themen, die uns aktuell umtreiben, wie Populismus, Flüchtlingskrise, Brexit in kämpferisch-journalistischem Manier vornehmen und  in bissig scharfzüngigen Sentenzen vor Augen führen. Die Frage ist, würden wir ihn hören oder müsste er wiederum  resigniert feststellen, dass wie einst seine Worte verhallen? Erich Kästner  formuliert es folgendermaßen: „Ein kleiner dicker Berliner, der mit der Schreibmaschine eine Katastrophe aufhalten wollte“. Wenn Kurt Tucholsky 1920 in dem Beitrag „Dämmerung“ für die „Weltbühne“ über die Zeitumstände philosophiert, darüber, dass sich in dem täglichen geschäftigen Treiben etwas zusammenbraut und „diese Zeit etwas durchaus Gespenstiges hat“. Aber was? „Ich weiß es nicht. Ich fühle nur dumpf, dass da etwas herankriecht, das uns alle zu vernichten droht.“

Tucholsky-Abend Coburg

Frederik Leberle. Fotos: PR

Diese Auseinandersetzung mit den damaligen politischen und gesellschaftlichen Zuständen treibt ihn um. Er, der promovierte Jurist,  zwingt sich jeden Tag erneut und manchmal widerwillig , klagend, wütend, verzweifelt,  in  die Schreibmaschine zu hacken, was  er anprangert, in der Hoffnung,  seinen Lesern die Augen zu öffnen und  sich zu besinnen. Er trieb es soweit mit seinen „Feder“-Angriffen auf die sogenannte Obrigkeit, dass er auf der ersten Ausbürgerungsliste landete und 1929 emigrierte. Seine Bücher wurden verbrannt.

Und dann gibt es aber auch noch die andere Seite des Kurt Tucholsky: Die eines äußerst einfühlsamen Mannes, der mit seinen zwei Romanen „Rheinsberg“ und „Schloss Gripsholm“ Bestsellerauflagen erzielte. Oder sich als Verfasser unzähliger Liebesbriefe an  seine spätere Frau Mary mit den Worten „Mein Kornblumenmätzchen, Schaukelbadewanne meiner Gefühle…“ zärtlich offenbart.

Der als Porträtist einen Charlie Chaplin oder Toulouse-Lautrec in treffenden Bildern widerspiegelt, als Theaterkritiker seine außergewöhnliche Beobachtungsgabe beweist oder in pastellfarbigen Reisebildern schweifen lässt. Der  als bissiger Satiriker  seine Angriffe gegen alle und jeden richtet oder sich als frech-witziger Humorist Löcher im Käse oder Ehekrisen  vornimmt.

Hommage in Coburg

Der Verein MakingCultureCoburg lädt  zu einem Abend ein, in dem der Schauspieler Frederik Leberle Tucholsky in seinen Texten und Gedichten aufleben lässt, die Schauspielerin  Anne Rieckhof in der Darbietung von Chansons, musikalisch begleitet von Dominik Tremel, sowie Elvira Nettelroth als Mitglied des „Bücherwurms“ in kurzen Beiträgen. Die Veranstaltung findet am Freitag, 30. Juni, um 19 Uhr, im Alten Postgebäude am Lohgraben 4 (gegenüber Seiteneingang Kaufhof), statt. Das Projekt wird gefördert aus Mitteln des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Das Beitragsbild zeigt Anne Rieckhof und Dominik Tremel.