In der Corona-Krise steigt die Nachfrage nach Hundewelpen und damit das Geschäft via Online-Plattformen. Doch was passiert, wenn der Alltag wieder einkehrt? Züchter und Tierschützer sorgen sich um das Schicksal der Tiere.

 

„Wir lehnen es ab, Leuten auf die Schnelle einen Hund zu verkaufen“, sagt Jürgen Göthel (72), Betreiber der renommierten Welsh-Terrier-Zucht „Von der Hohen Flur“ in Unterbrücklein. Dieses Jahr habe er öfters als sonst Anrufe von Welpeninteressenten bekommen. Durch die Corona-Krise beziehungsweise die damit verbundene Arbeitsverlagerung ins Homeoffice verbringen die Menschen mehr Zeit daheim. Damit scheint auch der Wunsch nach Haustieren zu steigen.
Bereits im Juni hieß es in einer Pressemitteilung des Verbands für das Deutsche Hundewesen (VDH) und der Tierschutzorganisation Tasso, neben Katzen und Kleintieren seien Hundewelpen gefragt wie nie. Ein VDH-Pressesprecher teilte mit: „Unsere Züchter können die Vielzahl der Anfragen nicht mehr bewältigen. Darunter befinden sich auch viele Menschen, die dem Wunsch nach Gesellschaft oder dem Drängen der Kinder unüberlegt nachgeben.“
Der Verein Tasso betreibt Europas größtes kostenloses Haustierregister und verzeichnete deutschlandweit bei den Neuregistrierungen von Hunden allein im Juni einen Zuwachs von rund 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, im September immerhin noch zehn Prozent.
Eine Tasso-Pressesprecherin warnt davor, Tiere an Weihnachten zu verschenken: „Die Begeisterung mag anfangs riesig sein, sie lässt jedoch oftmals schnell nach.“

Warnung vor Spontankäufen

Im Moment könnten viele Züchter wöchentlich Welpen verkaufen, zu einem Vielfachen des normalen Preises, so Terrier-Züchter Göthel. Solche Spontankäufe lehnen er und seine Ehefrau Brigitte ab.
Die beiden wollen alle Interessenten persönlich kennenlernen, am besten schon bevor die Welpen geboren werden. Sie möchten wissen, ob die Menschen langfristig genug Zeit haben, sich ausreichend mit dem Tier zu beschäftigen. „Viele Leute informieren sich zu wenig über die Rasse und darüber, was es bedeutet, einen Hund zu halten“, erklärt Göthel. Welsh-Terrier beispielsweise seien zwar etwas stur, doch mit konsequenter Erziehung würden sie ausgezeichnete Begleithunde für den Alltag abgeben.
Die aktuell sehr hohe Nachfrage beobachtet das Ehepaar mit Sorge. „Wir haben Angst, dass nach der Krise sehr viele Hunde einfach ausgesetzt werden“, so Brigitte Göthel.

Welpen aus dem Internet

Auch im Kulmbacher Tierheim sieht man die Lage kritisch. „Viele Leute rufen an und sagen: Wir haben jetzt Zeit, die Kinder sind daheim, wir wollen einen Hund“, bestätigt Leiterin Carina Wittmann. Solche Anfragen lehne das Team grundsätzlich ab.
Dass die leichtfertig angeschafften Hunde bald in großer Zahl ausgesetzt werden, glaubt sie allerdings nicht, „weil Hunde im Gegensatz zu Katzen leichter wiederzuerkennen sind“.
Die Tierheim-Leiterin befürchtet, dass Welpen über Online-Portale weiterverkauft werden und damit häufiger den Besitzer wechseln als es ihnen gut tut. Denn wenn in den sensiblen Entwicklungsphasen – etwa bis zum dritten Lebensmonat – etwas schief laufe, bekomme der Hund Macken. Dann lande er im Tierheim, so Wittmann. „Es wäre einfacher, wenn die Hunde eher zu uns kommen würden. Dann kann man sie noch besser trainieren.“
Viele Menschen kaufen Welpen schnell und einfach über Online-Plattformen, dementsprechend haben die Inserate stark zugenommen, die Preise für die Tiere sind gestiegen. Mike Ruckelshaus, Leiter Tierschutz Inland bei Tasso, warnte bereits im Sommer: „Gerade der illegale Online-Welpenhandel boomt. Nachdem Mitte Juni die Grenzen wieder geöffnet wurden, können die meist aus Osteuropa stammenden Wühltischwelpen nun wieder nach Deutschland importiert und im Netz allzu oft arglosen Käufern angeboten werden. Fast alle Tiere sind krank, viel zu früh von der Mutter getrennt, ungeimpft und überleben häufig die ersten Lebensmonate nicht. Auch das Leid der Muttertiere und Deckrüden ist unermesslich.“

Anschaffung will überlegt sein

Wer sich tatsächlich langfristig einen Hund zulegen möchte, hat zahlreiche Möglichkeiten, sich zu informieren. Auf der Website des VDH findet man nicht nur Beschreibungen der Hunderassen, sondern auch Schätzungen zu Zeitbedarf und finanziellem Aufwand (www.vdh.de/welpen).
Denn „außer Zeit kostet ein Hund auch Geld. Und das nicht zu knapp“, steht dort geschrieben. Der Kauf des Welpen und die dazugehörige Grundausstattung wie Hundedecke, Leine und Futternapf sei erst der Anfang. Zu den laufenden Kosten kommen Futter, Impfungen, Pflegemittel, Entwurmungen, Behandlungskosten beim Tierarzt, Haftpflichtversicherung und nicht zuletzt die Hundesteuer.

Verantwortung gefragt

Was einen verantwortungsvollen Züchter ausmacht, steht ebenfalls auf der VDH-Website, beispielsweise Sauberkeit der Zuchtstätte, Gesundheit von Zuchthündin und Welpen und Offenheit beim Beantworten aller Fragen.
Wer ein gutes Werk tun und sich einen Hund aus dem Tierheim holen möchte, muss bedenken, dass die Tiere eine Vorgeschichte haben können und sich darauf einstellen. Die Tierheim-Mitarbeiter kennen die Vierbeiner und beraten, welcher Hund am besten zum jeweiligen Interessenten passt.

Text und Foto: Adriane Lochner