Wenn die Seele Tango und der Körper Walzer tanzt – Durch bewusste Genussmomente wieder einen gemeinsamen Takt finden

„Sich etwas gönnen“ – Es klingt nach dem ersten Eis im Frühling, nach dem Kauf von Schuhen, auf die man lange spart, nach einem Wellness-Abend, es klingt einfach nach einer Auszeit vom stressigen Alltag. Doch in jedem „das gönne ich mir jetzt“ steckt auch ein kleines, schlechtes Gewissen. Habe ich genug Geld dafür? Ist es nicht Verschwendung? Habe ich Zeit dafür und habe ich es überhaupt verdient?

Warum schwingt mit einer Sache, die uns Freude bereiten wird, oft ein derartiger Konflikt mit? Vielleicht weil viele von uns mit diesen oder ähnlichen Worten aufgewachsen sind: „Wer rastet, der rostet“ oder „Ohne Fleiß kein Preis“. Uns wird signalisiert: Wer nicht durch das Leben hastet, sondern sich Zeit nimmt, Dinge mit Hingabe, oder noch schlimmer, mit Genuss tut, wird als langsam, träge oder schlimmstenfalls als unproduktiv und faul deklassiert.
Viel arbeiten und ständig beschäftigt sein – das genießt in unserer Leistungsgesellschaft kollektive Akzeptanz. Wer es doch wagt, mal kurz zur Ruhe kommen zu wollen, wird mit der Abwertung anderer und dem eigenen schlechten Gewissen gestraft. Klar sind Fleiß und Ausdauer wertvolle Tugenden, doch sie können auch schnell in chronischem Stress enden.

Körperlich, mental, emotional und geistig

Melanie Rupprecht ist Allgemeinmedizinerin mit einer kleinen Privatpraxis in Lützenreuth. Sie ist Seelsorgerin und kennt sich auf dem Gebiet der Psychotherapie und Tiefenpsychologie bestens aus. Sie weiß, wie gefährlich es für die Gesundheit sein kann, wenn man nicht zur Ruhe kommt und etwas für das eigene Wohlbefinden tut.

„Sich etwas gönnen“ hat nicht zwangsläufig etwas mit Geld oder Konsum zu tun. Die körperlichen, mentalen, emotionalen und geistigen Bedürfnisse müssen gleichermaßen berücksichtigt werden. „Achten wir nicht darauf, gerät es aus dem Gleichgewicht und das kann sich auf den Gesundheitszustand des betreffenden Menschen auswirken und sich auch in körperlichen Symptomen zeigen. Schafft man sich selbst keine Freiräume ähnelt es dem Vorgang des Schneeschiebens. Lädt man die Schaufel nicht regelmäßig ab, kann man irgendwann nichts mehr bewegen.“

Zu oft drängt man sich selbst und das eigene Wohlbefinden in die Nebenrolle. „Viele Menschen schaffen es nicht, ihre Akkus regelmäßig aufzuladen. Erste Anzeichen für fehlende Auszeiten können zum Beispiel Tagesmüdigkeit, Erschöpfung und Konzentrationsschwierigkeiten sein. Langfristig können die Beschwerden allerdings chronisch werden“, sagt auch Stefan Wandel, Pressesprecher der Krankenkasse DAK-Gesundheit.

Tu deinem Körper etwas Gutes, damit deine Seele Lust hat, darin zu wohnen

Doch wie geht Erholung eigentlich? Warum muss ich erst Google danach befragen, und kann mir diese Antwort nicht selbst liefern? Weil ich es verlernt habe!
Essen bestellen oder mal ein Bad nehmen ist schon irgendwie selbstverständlich geworden. Das hat nur noch wenig mit extra Erholung oder „gönnen“ zu tun. Das ist zwar eine traurige Erkenntnis für mich, aber wohl eine andere Baustelle im Wohlstandsland Deutschland. Wo genau finde ich also in dieser Zeit voller Einschränkungen meine Genussmomente? Das muss jeder für sich selbst herausfinden und es muss auch nicht für Außenstehende nachvollziehbar sein. Ich fand diese jedenfalls bei Daniela Höfler in ihrem Kosmetikstudio.

Bisher habe ich mich weitestgehend selbst um mein Äußeres gekümmert. Mit „Werkzeug“ aus der Drogerie und Halbwissen – absoluter Laie also. Ob’s auch dementsprechend aussah, konnte ich nur mit einem Vergleich bei der Expertin herausfinden: Was ist mit dem nötigen Fachwissen und den entsprechenden Hilfsmitteln möglich? Ich gönnte mir also eine professionelle Behandlung.

Daniela ist Kosmetikspezialistin und Inhaberin von Höfler FINEST in Kulmbach. Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, der Schönheit und Ausstrahlung mehr Jahre, und den Jahren mehr Ausstrahlung und Schönheit zu schenken. Ich habe Daniela gefragt, warum sich Kunden für eine professionelle Anwendung bei ihr entscheiden. Es ist das „sichtbare Wohlfühlerlebnis“. Für das Sichtbare ist ihre jahrelange Erfahrung und fachliche Kompetenz zuständig. Das Wohlfühlerlebnis tritt ein, sobald man auf der Liege liegt, die Behandlung beginnt und man vom Alltag abschalten kann.

„Wir gehen auf die Bedürfnisse der Kunden ein. Durch unsere große Angebotspalette ist für jeden etwas dabei – Egal welches Alter oder Budget. Grundsätzlich rutscht der Kostenfaktor meines Erachtens aber in den Hintergrund. Das Ergebnis und das daraus resultierende Wohlfühlen in der eigenen Haut und vor allem der ,Auszeit-vom-Alltag’-Faktor überwiegen“, sagt sie, und verdeutlicht, dass es bei ihr um weit mehr geht als nur Ästhetik. Es geht um „self-care“. Mit diesem englischen Begriff sind all die Dinge gemeint, mit denen man sich körperlich und seelisch etwas Gutes tun kann. „Der seelische Aspekt hat vor allem in diesen Zeiten der Einschränkungen nochmals enorm an Bedeutung gewonnen“, ist sich Daniela sicher. Dass es nicht nur um sture Dienstleistung geht, beweisen ihr die ausgeprägte Dankbarkeit der Kunden und die liebevollen Nachrichten, die sie auch während der Lockdown-Schließung erhalten hat.

Text u. Fotos: Jessica Rus